Unsere Fragen an Hörbuchsprecherin Marlene Rauch

Wenn du Hörbuch-Fan bist, hast du bestimmt schon mal die Stimme von Marlene Rauch gehört. Marlene ist Hörbuchsprecherin und hat schon Titel von C.M. Spoerri, den Drachenmond Verlag und A.D. WiLK gesprochen. Wir haben uns mit Marlene Rauch getroffen und sie zu ihren Erfahrungen rund um Hörbücher gefragt. Wenn du also Autor bist und damit liebäugelst ein Hörbuch zu produzieren, dann lies dir Marlenes Tipps durch.

Magst du uns ein bisschen von dir erzählen? Wie bist du zum professionellen Sprechen gekommen?

Ich war schon immer eine Leseratte und hatte schon in der Schule stets unheimlich viel Spaß am Vortragen von Texten (wobei ich meist zu schüchtern war und mich nie freiwillig gemeldet habe). Während meines Studiums – ich habe einen Magisterabschluss in Indologie und Religionswissenschaft – entdeckte ich die Liebe fürs Vorlesen nochmal ganz neu, indem ich auf Youtube einen Kanal eröffnete und dort für wildfremde Menschen Texte vorlas. Das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht und den Hörern gefiel es offenbar auch, denn es wurden stets mehr Abonnenten.

Das motivierte mich, weiterzumachen. Irgendwann hat mich die Autorin C.M. Spoerri angeschrieben und gefragt, ob ich nicht Lust hätte, einen ihrer Romane zu vertonen. Das war für mich eine riesige Ehre! Ich bin Corinne heute noch dankbar dafür, dass sie ihr Vertrauen in mich gesetzt hat und sehe es gerne als Beginn meiner professionellen Sprecherkarriere, denn immerhin habe ich zum ersten Mal Geld für’s Sprechen bekommen. Ich beendete dann noch mein Studium, aber inzwischen gab es die leise Hoffnung, dass ich evtl. auch mein Hobby zum Beruf machen könnte. Und so entschied ich mich zu schauen, wo mich der Weg hinführt, wenn ich mich voll und ganz auf’s Sprechen konzentriere. Denn dafür brannte ich mit Leib und Seele und ich wollte es wenigstens versucht haben.

Ich wusste, dass es als nicht ausgebildete Schauspielerin nicht leicht sein würde in den Bereich des Hörbuchssprechens hineinzurutschen, aber da wollte ich hin! Und so nutzte ich jede Gelegenheit, um für Autoren Bücher einzusprechen. Mal schrieben sie mich an, mal schrieb ich sie an. Die Intervalle für Aufträge wurden immer kürzer, die Gage wurde immer höher, die Autoren immer bekannter und irgendwann stellte sich die Erkenntnis ein, dass das Sprechen tatsächlich mein Beruf geworden war.

<h2 „>Du hast eine wahnsinnig tolle Stimme! Ist sie für dich eine Art Musikinstrument?

Vielen Dank für das liebe Kompliment. Ich war, was meine Stimme angeht, lange zwiegespalten. Ich habe zwar immer sehr gern gesungen, allerdings mochte ich meine Sprechstimme lange Zeit überhaupt nicht. Ich fand sie immer viel zu hoch und hätte lieber eine tiefere, dunklere Stimme gehabt. Erst im Laufe vieler Hörbuchproduktionen und durch das Feedback der Hörer habe ich mich mit ihr angefreundet und heute bin dankbar, dass ich sie habe.

Auf die Frage bezogen, ob sie für mich eine Art Musikinstrument ist, denke ich, dass sie natürlich, ähnlich wie ein Musikinstrument, wandelbar ist und man, je nach Stimmung, verschiedene Höhen/Tiefen, Tempi, Härtegrade etc. anwenden kann. Dies geschieht bei mir aber eher unterbewusst, indem man den Text vielmehr fühlt, als ihn einfach zu lesen. Man kann die Stimme aber durchaus als Musikinstrument sehen, je nachdem vielleicht, was man persönlich am ehesten dafür nutzt, um Emotionen auszudrücken.

Was reizt dich am Einsprechen von Hörbüchern?

Ich liebe gute Geschichten! Und wenn ich sie laut vorlese, dann erwachen die Figuren und das Geschehen nochmal auf eine völlig neue Art zum Leben. Wenn man ein gutes Buch liest, erzeugt das, bei mir zumindest, häufig einen Film, der sich vor dem inneren Auge abspielt. Wenn ich ein Buch einspreche, bin ich nicht bloß Betrachter dieses Buches, sondern ich spiele jede Rolle selbst, so wie ich sie mir vorstelle.

Man ist nicht mehr nur an das gebunden, was der Autor oder die Autorin schreibt, sondern kann den Rollen in der Geschichte nochmal ein ganz neues Gesicht verleihen, indem man ihnen eine Stimme gibt, die beispielsweise weich, hart, lustig, gelangweilt, arrogant oder liebevoll klingt. Das macht einfach unheimlich viel Spaß!

Wenn du ein neues Hörbuch-Projekt hast, wie gehst du da vor? Musst du dich in die Rollen erst einleben?

Zunächst einmal lese ich den Text, um überhaupt eine Idee davon zu bekommen, um was für eine Art Buch es sich handelt und worum es darin geht. Wenn es viele verschiedene Charaktere gibt, mache ich mir im Vorfeld Notizen dazu wie ich ihre Stimmen anlegen möchte. Das ist für das einzelne Buch hilfreich, hat aber auch den Vorteil, dass ich bei evtl. erscheinenden Folgebänden nachschauen kann. Außerdem markiere ich mir gerne noch die Dialoge in Farben, sodass ich auf den ersten Blick sehe, wer da gerade spricht.

So muss ich nicht so häufig neu ansetzen und der Cutter hat später weniger zu tun. Dass ich mich in die Rollen ‚einlebe‘ kommt automatisch durch das Lesen/die Geschichte an sich. Wenn ein Buch gut geschrieben ist, wird bei dem Leser eine Emotion erzeugt, die ich im Idealfall in meiner Stimme transportieren kann. Eine bestimmte Vorbereitung nutze ich dafür eher selten.

Wie lange dauert in der Regel eine Hörbuch-Produktion?

In erster Linie hängt der zeitliche Rahmen natürlich damit zusammen wie lang das Buch ist, das vertont werden soll. Durch Erfahrungswerte, die ich im Laufe der letzten Jahre gewonnen habe, rechne ich immer mit einem Verhältnis von 1:3. Das bedeutet, dass für eine Nettohörbuchstunde etwa drei Stunden Arbeit kalkuliert wird. Damit ist dann die Zeit für das Einsprechen und das Mastering abgedeckt. Wenn man die Vorbereitungen und das Korrekturhören noch mit einbezieht landet man sogar eher bei 1:5.

So kann eine zehnstündige Produktion einen Arbeitsaufwand von 50 Stunden bedeuteten. Da ich mit einem Tontechniker zusammen arbeite und das Korrekturhören meist von den Autoren übernommen wird, teilen wir uns die Arbeit, sodass eine solche Produktion schon in zwei Wochen fertig werden kann.

Was macht dir am meisten Spaß daran, Geschichten Leben einzuhauchen?

Wäre ich früher mutiger und weniger schüchtern gewesen, wäre ich gerne, wie mein Vater, Schauspieler geworden. Es macht unheimlich viel Spaß aus seiner alltäglichen Rolle heraus in unterschiedliche Charaktere hineinzuschlüpfen und ihnen eine Stimme zu verleihen.

Gibt es Geschichten, die sich für Hörbücher besonders gut eignen?

Ich würde sagen nein. Hörbücher sind mittlerweile in fast jedem Haushalt als eine konstante Art der Unterhaltung eingezogen. Sei es für den Geschäftsmann, der sich bei der Autofahrt ein Hörbuch über agiles Projektmanagement anhört, bei der Hausfrau, die vielleicht gerne etwas über die vegane Küche erfahren möchte, beim Familienurlaub, wo sich das Ehepaar Meyer evtl. gerade den aktuellen Thriller von Simon Beckett zusammen am Pool anhört oder in der nachmittäglichen Klatschrunde, wo sich zwei Frauen über die neuesten Veröffentlichungen der Erotik-Hörbücher austauschen.

Ich glaube, dass Hörbücher genreübergreifend funktionieren. Wenn man sich aber das Konsumverhalten der Menschen anschaut, ist es wohl die reine Unterhaltungsliteratur, die den Hauptteil des Hörbuchmarktes abdeckt.

Hast du ein Lieblingshörbuch?

Ich gehöre zu der Spezies der Vielleser und lese/höre selten ein Buch/Hörbuch zweimal. Aber natürlich gibt es Autoren bzw. Sprecher, die ich ganz besonders gerne mag und zu denen ich immer wieder greife. Als Hörbücher lade ich mir meist entweder Thriller oder Fantasy-Bücher herunter. Bei ersterem ziehe ich eine Männerstimme vor. Simon Jäger gehört da zu meinem Lieblingssprechern. Bei Fantasy Hörbüchern bin ich ein großer Fan von Ann Vielhaben, sie liest unheimlich lebendig. Aktuell höre ich die von ihr gesprochene Throne of Glass Serie von Sarah J. Maas.

Hast du Tipps für Autoren, die ihr Buch als Hörbuch produzieren lassen wollen?

  • Sucht euch den richtigen Sprecher passend zu eurer Geschichte aus. Am besten ist es, wenn ihr vorab eine Hörprobe von ihm/ihr mit eurem Text bekommen könnt, denn nur so wisst ihr, ob es wirklich das ist, was ihr euch für euer Hörbuch wünscht. Einmal ausgesucht und zugesagt, gibt’s selten ein Zurück.
  • Holt, wenn möglich, Angebote verschiedener Produktionsfirmen ein und vergleicht deren Leistungen. Dabei spielt auch der persönliche Umgang untereinander eine wichtige Rolle. Ihr braucht einen Partner, bei dem ihr euch gut aufgehoben fühlt.
  • Versichert euch, dass ihr vorab mit dem Sprecher darüber reden könnt, wie ihr euch bestimmte Personen vorstellt oder wie Namen ausgesprochen werden sollen.
  • Stellt sicher, dass ihr nochmal die Möglichkeit habt, Korrekturwünsche (falls Wörter falsch gelesen wurden oder im Schnitt Fehler passiert sind) zu äußern und diese auch umgesetzt werden.
  • Plant die Veröffentlichung des Hörbuchs, wenn möglich, zusammen mit dem Erscheinen des eBooks oder Taschenbuchs.
  • Macht euch Gedanken darüber, ob ihr den Vertrieb selbst übernehmen möchtet oder ob ihr ihn in professionelle Hände legen wollt. Wenn man mit dem Schreiben und Veröffentlichen von eBooks/Taschenbüchern schon alle Hände voll zu tun hat, bietet es sich an, den Vertrieb in vertrauensvolle Hände abzugeben.
  • Nutzt Social Media-Kanäle, um auf euer Hörbuch aufmerksam zu machen. Wenn möglich, lasst kurze Hörproben anfertigen, die ihr im Vorfeld verwenden könnt, um die Leute neugierig zu machen.
  • Arbeitet, wenn möglich, mit Bloggern zusammen, die zusätzlich für euer Hörbuch werben.

Falls ein generelles Interesse am Medium Hörbuch besteht, traut euch und lasst euch einen unverbindlichen Kostenvoranschlag zuschicken. Ich bekomme oft das Feedback, dass Autoren ihr Buch durch die Vertonung nochmal auf eine ganz neue Art erleben und es eine wirklich schöne Erfahrung ist.

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